Mittwoch, 9. Oktober 2013

Du oder Sie? Ab wann, wer - wem?

Duzen/Siezen

Das Du wird in der Gesellschaft in der Regel von der jeweils älteren Person angeboten. Unter Gleichaltrigen ist das Du eine Grundlage für eine ungezwungene Kommunikation und ein Ausdruck von Verbundenheit. Duzen vermittelt eine gewisse Verbundenheit zwischen den Personen. Das Siezen ist eher ein Zeichen von Distanz und Respekt. Bei Ansprechen von Fremden, gerade wenn sie älter sind als man selbst, sollte eher das Sie gewählt werden. 

Das Geschlecht spielt keine Rolle mehr, es darf sowohl der Mann als auch die Frau den Wunsch nach einem Du äußern. Im Geschäftsleben gilt grundsätzlich, dass sich fremde Erwachsene mit Sie ansprechen. Allerdings ist es auch eine Frage des Firmenstils und der Branche, ob man sich duzt oder siezt. Das Du ist in vielen Branchen sogar im Büro üblich, dazugehört zum Beispiel Medien, Werbung, IT oder Handwerk. In Ämtern, Versicherung, Banken und im juristischen Bereich ist das Sie verbreitet.

Gerade die Zunahme der Email als Kommunikationsmittel hat das Du gesellschaftsfähig gemacht. Vorsicht ist allerdings beim Duzen mit Vorgesetzten geboten, da man unangenehme Themen mit diesen dann weitaus schwerer besprechen kann.

Auch einen Lehrausbilder den man total nett findet und der alles für den Auszubildenden macht, sollte man während der Lehrzeit mit Sie ansprechen. Erst wenn die Lehre abgeschlossen wurde und man in den Betrieb übernommen wurde, kann man hoffen, dass der ehemalige Lehrausbilder einem das Du anbietet.

Das Anbieten vom Sie zum Du sollte immer von der älteren Person ausgehen. Auch in Dienststellen, wie der Polizei oder Armee, bei Gericht und in anderen Einrichtungen sollte immer der Dienstranghöhere seinen Mitarbeitern das Du anbieten.

Selbst wenn man schon beim Du ist und es kommen fremde Personen zu einem Gespräch mit dem Dienstvorgesetzten hinzu, sollte man diesen mit Sie und den Dienstgrad anreden. Ratsam ist auch mitunter, den Chef bei der Arbeit nicht zu duzen, auch wenn das Du angeboten wird. Sollte das gute Verhältnis in irgendeiner Hinsicht gestört sein, kann eine Auseinandersetzung leicht persönlicher werden, als man möchte. Ansonsten sollte man ein angebotenes Du vom Chef annehmen, auch wenn man älter ist als dieser. Man ist jedoch nicht verpflichtet dazu, kann im Zweifelsfall sogar die höfliche Form einklagen.

Eine Zwischenform ist manchmal auch eine angebrachte Lösung: Das Sie und der Vorname. Man kann diese Form zum Beispiel gegenüber den bereits erwachsenen Freunden seiner Kinder oder Enkel verwenden, allerdings ist diese Form vielfach als „Dienstboten-Sie“ verpönt, da es eine höfliche Distanz vorgaukelt, die in der Praxis nicht besteht.

Wenn man in einer Firma neu anfängt, sollte man sich den Gepflogenheiten anpassen. Wenn sich alle Mitarbeiter auf einer Ebene duzen, sollte man sich nicht ausschließen, jedoch ist es oft ratsam, erst vorsichtig anzufragen, ob ein Duzen in Ordnung ist oder darauf warten, dass man aufgefordert wird, die Kollegen auch zu duzen.

An der Universität und in der Schule gilt unter Kameraden und Kommilitonen das Du, gegenüber Lehrern und Dozenten in der Regel das Sie. Normalerweise siezt man einen Jugendlichen und nennt ihn beim Vornamen, wenn er 16 Jahre oder älter ist, es sei denn, man hat das „Gewohnheitsrecht“ und kennt sich noch von früher! Wenn jemand 18 Jahre alt und volljährig ist, wird er selbstverständlich mit Nachnamen genannt und gesiezt!

Bei Ärzten wird das so gehandhabt. Der Herr Professor wird solange mit Sie angesprochen, bis er seinen unterstellten Ärzten das Du anbietet. Als Regel gilt immer der Ältere bietet dem Jüngeren das Du an, außer bei Akademischen Graden oder Offiziersgraden, da geht es nach der Rangordnung und nicht nach dem Alter. Wenn das Duzen angeboten wurde, solle der Respekt gegenüber den Vorgesetzten und anderen Autoritätspersonen gewahrt werden.

Wenn einem das Duzen unangemessen erscheint oder unangenehm ist, darf man das
Du-Angebot durchaus ablehnen. Diese Ablehnung sollte jedoch so höflich wie möglich sein. Zum Beispiel: „Seien Sie mir nicht böse, aber ich möchte vorerst lieber noch beim Sie bleiben“ oder man verweist freundlich aber bestimmend auf seine grundsätzlichen Prinzipien. Die betreffende Person wird einem aber dann wahrscheinlich nie wieder das Du anbieten. Sie sollten selber wissen, wem Sie das Du anbieten - zu vorschnell angeboten, kann es auch für eine Distanzlosigkeit ihrerseits sprechen, die bei anderen nicht gerne gesehen wird.

Es ist klar geregelt, wer im Geschäftlichen wem das Du anbietet:
• Der Ranghöhere dem Rangniederen. Beispiel: Der Vorgesetzte bietet dem Mitarbeiter nach der Probezeit das Du an.
• Der Dienstältere dem Neuling: Das Projektteam bietet dem neuen Kollegen beim Mittagessen das Du an.
• Die wesentlich ältere Kollegin der Jüngeren. Im Sekretariat bietet die 40-jährige Assistentin ihrer 10 Jahre jüngeren Kollegin das Du an.

Grundsätzlich sollte in der Praxis beobachtet werden, wie mit dem Du umgegangen wird, bevor man selbst jemandem dies anbietet. Einmal Du, immer Du. Der Weg zurück zum Sie ist nicht möglich, zumindest aber sehr folgenschwer. Lassen Sie sich deswegen Zeit. Wenn Sie etwas länger beim Sie bleiben, wirken Sie vielleicht etwas förmlich. Das ist im Zweifelsfall im Geschäftsleben jedoch ratsamer, als zu kumpelhaft aufzutreten. 

Bieten Sie das Du nicht auf Firmenfesten aus einer Bierlaune heraus an. Man sollte keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit Ihres Angebots haben müssen. Bekommt man auf einer Firmenfeier unter Alkoholeinfluss das Du angeboten, sollte man dieses am nächsten Tag nicht sofort nutzen und abwarten, ob es tatsächlich auch so gemeint war. Eine Vier-Augen-Besprechung oder ein gemeinsames Mittagessen sind günstige Gelegenheiten, um das Du zu offerieren.

Ein Handschlag zum Anbieten des Du ist völlig ausreichend. Große Verbrüderungsakte sind im Geschäftsleben nicht angebracht. Häufig wird oft eine Mischform praktiziert. Die Kollegen werden gesiezt, aber mit ihrem Vornamen angesprochen.

Wird das Duzen nicht ausdrücklich erlaubt, kann dieses als Beleidigung aufgefasst werden. Der oder die Beleidigte kann dann sogar eine strafrechtliche Verfolgung beantragen. Das Duzen von Amtspersonen, Polizisten, Richtern, Politikern usw. sollte man tunlichst unterlassen.

Nach erfolgtem Duzen besteht auch die Rückkehr zum Siezen. Dies wird dann eingesetzt, wenn man einer Person eine besondere Distanz signalisieren und sie aus dem Kreis seiner Vertrauten ausgrenzen möchte. Kurz gesagt, mit dieser Person möchte man nichts zu tun haben.

Das Du ist innerhalb bestimmter Gemeinschaften (politischer Parteien, Glaubensgemeinschaften, Arbeitskollegien, Clubs, im Internet u.ä) oft die normale Anredeform, wenn besonderer Wert z. B. auf ein gemeinschaftliches Miteinander gelegt wird und gehorcht dort spezifischen Regeln, die von denen des Alltags, die hier beschrieben werden sollen, mitunter stark abweichen. Ebenso gibt es umgekehrt auch stark formalisierte Gesellschaften, in denen das Du grundsätzlich als unakzeptabel gilt.

Auch im Alltag kann die Präferenz der Anrede mit Du oder Sie stark von weltanschaulichen Gegebenheiten abhängig sein, wie sie etwa innerhalb eines spezifischen Milieus wirken. Hierbei sind alle denkbaren Schattierungen anzutreffen (von absoluter Ablehnung des Sie, über eine ausgewogene Verteilung beider Anredeformen, bis hin zu Umgangserwartungen, bei denen das Du praktisch ausgeschlossen ist).

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